Arbeitszeit im Fokus

Ein wichtiger Aspekt für die Vereinbarkeit ist die Arbeitszeit. Das Projekt legt deshalb einen Schwerpunkt auf Arbeitszeitmodelle.

Es gibt viele Arbeitsmodelle, die für eine gute Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben in Frage kommen: Teilzeitarbeit, flexible Gestaltung von Arbeitsbeginn und -ende, Jobsharing, Viertagewoche, Reduktion der Tagespräsenzzeit durch kürzere Pausen, Lebensarbeitszeit und viele mehr.

Ein häufiges Modell ist auch Home Office – doch dies ist in der Holzbaubranche nur bedingt möglich. Denn Häuser lassen sich nicht im Home Office errichten.

Im Rahmen des Projekts befassen wir uns insbesondere mit Arbeitszeitmodellen. Denn die Gestaltung der Arbeitszeit ist zentral für einen guten Ausgleich zwischen Beruf und Privatleben.

Branchenevent von Holzbau Plus

Welche Arbeitszeitmodelle für den Holzbau? Die vierte Branchenbefragung zu den Erfolgsfaktoren der Holzbaubranche hatte das Schwerpunktthema Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben.

Am Branchenevent von Holzbau Plus vom 27. März 2025 wurde über erste Ergebnisse der Befragung informiert und gemeinsam mit Unternehmen über zukunftsfähige Arbeitsmodelle diskutiert.

Viertagewoche

Ein Modell, das in den letzten Jahren Aufmerksamkeit erlangt hat, ist die Viertagewoche. Bei diesem Modell wird die Normalarbeitszeit bei gleichem Lohn auf vier anstatt auf fünf Tage verteilt. Dabei gibt es zwei Varianten:

  • Reduktion: Die wöchentliche Normalarbeitszeit wird reduziert, beispielsweise von 40 auf 32 Stunden.

  • Verdichtung: Die wöchentliche Normalarbeitszeit wird auf vier Tage verteilt, was zu längeren Arbeitstagen führt (beispielsweise 10 anstatt 8 Stunden pro Tag).

In der Praxis wenden Unternehmen oft eine Mischform dieser zwei Varianten an.

Pilotversuch im Holzbau

Auch in der Holzbaubranche gibt es Unternehmen, welche die Viertagewoche testen. Eines dieser Unternehmen ist die Frischknecht Holzbau-Team AG, welche das Modell 2022 eingeführt und dafür die wöchentliche Arbeitszeit auf 40 Stunden gesenkt hat. Die Hälfte der Belegschaft arbeitet dabei von Montag bis Donnerstag, die andere Hälfte von Dienstag bis Freitag.

Die Schweizerische Paritätische Berufskommission Holzbau hat diesen Pilotversuch begleitet, ausgewertet und weiter bewilligt.

Im Rahmen des Projekts werden wir uns eingehender mit dem Modell der Viertagewoche befassen.

Aktuell findet in der Schweiz auch eine Pilotstudie zur Viertagewoche statt, in Kooperation mit der internationalen Organisation 4 Day Week Global und wissenschaftlich begleitet vom Institut New Work der Berner Fachhochschule.

Teilzeitarbeit

In der Schweiz ist Teilzeitarbeit ein sehr beliebtes Modell, um Beruf und Privatleben in Einklang zu bringen. Teilzeitarbeit ist jedoch ungleich verteilt und Männer mit dem Wunsch nach Teilzeitarbeit sind benachteiligt.

Nebst vielen Chancen birgt Teilzeitarbeit auch Risiken und Herausforderungen. Im Rahmen des Projekts wollen wir diese Risiken reduzieren und Lösungen für die Herausforderungen erarbeiten.

Definition

Teilzeitarbeit liegt dann vor, wenn ein Arbeitsverhältnis mit einer kürzeren Arbeitszeit als der Normalarbeitszeit vereinbart wird. Im Holzbau beträgt die durchschnittliche Normalarbeitszeit 8,4 Stunden pro Tag (bzw. 42 Stunden pro Woche). Die Normalarbeitszeit wird auch als Vollzeitstelle oder 100 Prozent-Pensum bezeichnet.

Abhängig vom Beschäftigungsgrad kann Teilzeitarbeit wie folgt eingeteilt werden:

  • Vollzeitnahe Teilzeitarbeit (80–99 %)

  • Mittlerer Beschäftigungsgrad (50–79 %)

  • Geringfügige Beschäftigung (unter 50 %)

Die Höhe des Beschäftigungsgrads führt zu unterschiedlichen Chancen und Risiken. Kurz: Je höher der Beschäftigungsgrad, desto geringer die Risiken.

Teilzeitarbeit wird zum Teil mit Temporärarbeit oder Arbeit auf Abruf gleichgesetzt. Das sind jedoch verschiedene Arbeitsverhältnisse.

Bei Temporärarbeit handelt es sich um eine befristete und somit für Arbeitnehmende unsichere Arbeitsform, bei der die Arbeitnehmenden im Normalfall bei einer Personalvermittlungsfirma angestellt sind.

Teilzeitarbeit hingegen ist unbefristet, und die Anstellung erfolgt im Normalfall direkt beim Unternehmen und mit einem fix vereinbarten Monatslohn.

Für Personen mit Betreuungspflichten ist es meistens wichtig, dass Teilzeitarbeit klar geregelt und Arbeit auf Abruf unterbunden wird. Denn für familienfreundliche Arbeitsbedingungen braucht es planbare Einsatzzeiten und langfristige Stabilität. Schliesslich haben auch Kinderbetreuungsstrukturen und Schulen fixe Anfangs- und Schlusszeiten.

Chancen und Risiken

Wie alles hat auch Teilzeitarbeit Vor- und Nachteile. Diese fallen für Unternehmen und Mitarbeitende unterschiedlich aus.

Die nachfolgenden Zusammenfassungen stammen aus der Literatur und aus den Erfahrungen des Projekts Teilzeitbau im Maler- und Gipsergewerbe. Sie sind allgemein gehalten – die Einschätzung von Chancen und Risiken ist natürlich abhängig von der individuellen oder der betrieblichen Situation. Weiter werden Möglichkeiten aufgezeigt, wie die Risiken reduziert werden können.

Unternehmen, die Teilzeitstellen anbieten, profitieren von gesünderen und motivierteren Arbeitskräften. Sie können sich als Unternehmen mit attraktiven Arbeitsbedingungen positionieren. Die Möglichkeit für Teilzeitarbeit macht eine Branche attraktiver und trägt zum Erhalt von Fachkräften bei.

Chancen:

  • Erhöhung der Attraktivität auf dem Arbeitsmarkt

  • Erhalt von Wissen und Fachkräften

  • Höhere Arbeitszufriedenheit und Motivation

  • Geringere Fluktuationsraten

  • Geringere Fehlzeiten

  • Höhere Leistungsfähigkeit

  • Höhere Produktivität

  • Grössere Flexibilität durch bessere Auslastung an gewissen Tagen

  • Weniger Einsatz von Temporärmitarbeitenden

  • Mit der Zeit gehen und für die Zukunft gerüstet sein

Risiken:

  • Höherer Administrations-, Koordinations- und Kommunikationsaufwand

  • Höherer Planungsaufwand

  • Anpassung von Arbeitsprozessen

  • Mehr Arbeitsübergaben

  • Komplexere Stellvertretungslösungen

  • Wissensverlust

  • Schlechtere Teamintegration

Reduzierung der Risiken:

Die Anpassung von Arbeitsprozessen ist ein einmaliger Prozess bei der Einführung von Teilzeitarbeitsmodellen. Der höhere Aufwand für Planung kann gesenkt werden durch die geeignete Kombination von Teilzeitstellen (z.B. Job Splitting, d.h. die Aufteilung einer Vollzeitstelle auf zwei Personen). Der Aufwand für Koordination und Kommunikation lässt sich mit klaren und einfachen Abläufen gering halten.

Im Rahmen des Projekts wollen wir Hilfsmittel für die Umsetzung von Teilzeitarbeit im Betrieb erarbeiten, die reibungslose Abläufe unterstützen und den Mehraufwand für Unternehmen reduzieren.

Mitarbeitende, die Teilzeit arbeiten, haben mehr Zeit für ihr Leben neben der Erwerbsarbeit. Insbesondere junge Eltern möchten oft Teilzeit arbeiten, um mehr Zeit für die Kinder zu haben. Mitarbeitende der Baubranchen schonen ihre Gesundheit, wenn sie Teilzeit arbeiten.

Chancen:

  • Mehr Zeit, Freiraum, Selbstbestimmung

  • Mehr Ausgewogenheit zwischen Arbeit und Freizeit

  • Mehr Zeit für Kinder oder Angehörige

  • Mehr Zeit für Aus- und Weiterbildung

  • Mehr Zeit für Hobby oder freiwilliges Engagement

  • Höhere Arbeitsmotivation

  • Höhere Lebensqualität

  • Positive Auswirkungen auf die Gesundheit

  • Gleitender Ausstieg aus dem Erwerbsleben (Altersteilzeit)

Risiken:

  • Lohnreduktion aufgrund Reduktion der Arbeitszeit

  • Benachteiligung bei vertraglichen Regelungen

  • Benachteiligung bei der Altersvorsorge (Pensionskassen)

  • Arbeit auf Abruf

  • Geringere berufliche Entwicklungsperspektiven

  • Höherer Koordinations- und Kommunikationsaufwand

Reduzierung der Risiken:

Die meisten Risiken lassen sich reduzieren. So können klare vertragliche Regelungen eine allfällige Schlechterstellung verhindern. Die Benachteiligung bei den Pensionskassen kann durch teilzeitgerechte Vorsorgepläne aufgehoben werden. Arbeit auf Abruf kann durch eine klare Regelung der Arbeitszeit (Beschäftigungsgrad) und den Zeitpunkt (z.B. an welchen Wochentagen) verhindert werden. Das Risiko von geringeren beruflichen Entwicklungsperspektiven (z.B. betriebsinterne Weiterbildung) besteht vor allem bei tiefen Beschäftigungsgraden. Der Aufwand für Koordination und Kommunikation lässt sich mit klaren und einfachen Abläufen geringhalten.